Der Kläger begehrt die Löschung von Daten aus einer Datenbank. Er erlitt unverschuldet einen Verkehrsunfall. An seinem Pkw entstand ein wirtschaftlicher Totalschaden. Die Beklagte regulierte diesen für ihren Versicherungsnehmer, den Unfallgegner des Klägers. Mit Schreiben informierte sie den Kläger darüber, die Daten seines Fahrzeuges, nämlich Kfz-Kennzeichen und Fahrzeugidentifizierungsnummer an das Hinweis- und Informationssystem (HIS) zu melden, welches von Firma XYZ betrieben werde und Unternehmen der Versicherungsbranche zur Verfügung stehe. Der Kläger willigte hierin nicht ein. Mit der Klage verfolgt der Kläger das Ziel, im Ergebnis die Löschung dieser Daten zu erreichen.
Der Kläger hat keinen datenschutzrechtlichen Anspruch auf Löschung der genannten Daten. Jedenfalls hat die Beklagte ein überwiegendes Interesse an der Speicherung dieser Daten. Insbesondere steht dem Kläger kein Löschungsanspruch aus § 35 Abs.2 S.2 Nr.1 BDSG zu. Nach dieser Vorschrift sind personenbezogene Daten dann zu löschen, wenn es sich um eine unzulässige Speicherung handelt.
Es fehlt bereits an der Speicherung personenbezogener Daten des Klägers im Sinne des § 3 BDSG. Solche Daten liegen nur dann vor, wenn sie sich auf eine konkrete bestimmte Person oder jedenfalls auf eine bestimmbare Person beziehen. Die hier klägerseits benannten Daten nennen keine, die unmittelbar den Kläger bestimmen. Er ist weder mit seinem Name noch mit sonstigen persönlichen Merkmalen gespeichert. Gespeichert sind lediglich Merkmale des von ihm im Zeitpunkt des Verkehrsunfalls gehaltenen PKW.
Diese ermöglichen aber nicht, seine Person zu bestimmen, so dass es auch an Daten einer bestimmbaren Person mangelt. Die Bestimmbarkeit einer Person liegt dann vor, wenn die speichernde stelle mittels der bei ihr vorhandenen Kenntnisse, Mittel, Möglichkeiten und verfügbaren Hilfsmitteln ohne unverhältnismäßigen Aufwand den Bezug zur gesuchten Person herstellen können (Gola/Schomerus, § 3 BDSG Rn.10). Daran fehlt es hier. Gespeichert sind ein Kfz-Kennzeichen sowie die Fahrzeugidentifikationsnummer. Vorliegend fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten, dass die Beklagte oder die im Antrag genannte Firma, die das mit den Daten versehene Informationssystem betreibt, in der Lage wären, mit eigenen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln daraus den Kläger als Halter zu rekonstruieren. Jedenfalls hat der Kläger nicht dargetan, dass dies möglich sein soll. Das Gericht verkennt nicht, dass mit diesen Daten über das Kraftfahrtbundesamt oder die örtliche Kfz-Zulassungsstelle weitere Daten zu erfragen sind. Dies erfordert jedoch einen Zusatzaufwand und bei den genannten Stellen die Darlegung des die Abfrage erlaubenden besonderen Interesses. Hierbei handelt es sich nicht mehr um einen nicht unverhältnismäßigen Aufwand (a.A. scheinbar AG Coburg, Urteil vom 07.11.2012, 12 C 179/12, jedoch ohne nähere Begründung). Ein solcher läge nur dann vor, wenn zwanglos etwa Haltername oder -anschrift aus der Datenbank heraus ermittelt werden könnten. Daran fehlt es hier aber erkennbar. Es müsste nämlich eine Anfrage bei einer weiteren Person in Gestalt einer Behörde gestellt werden.
Selbst wenn man insoweit anderer Ansicht ist, ergibt sich gleichwohl kein Löschungsanspruch zugunsten des Klägers. Denn es liegt keine unzulässige Speicherung vor, da diese in der konkreten Ausformung erlaubt im Sinne des § 4 BDSG ist. In § 29 Abs.1 Nr.1 BDSG findet sich nämlich eine hinreichende Grundlage für die Speicherung der konkreten Fahrzeugdaten. Danach ist die Speicherung personenbezogener Daten zum Zweck der Übermittlung dann zulässig, wenn kein Grund zur Annahme schutzwürdige Interesse des Betroffenen am Ausschluss von Erhebung und Speicherung vorliegt. So ist es hier.
Die Beklagte und die hinter ihr stehende Betreiberin XYZ haben ein berechtigtes Interesse daran, die erhobenen Daten zu speichern und gegebenenfalls angeschlossenen Versicherungsunternehmen weiterzuleiten. Denn das System dient dem Interesse der Versichertengemeinschaft. Mithilfe der solchermaßen gespeicherten Daten können nämlich Fälle leichter bearbeitet werden, in denen eine unberechtigte Inanspruchnahme von Kfz-Haftpflicht- bzw. -Kaskoversicherungen in Frage steht, nachdem ein Schadensfall lediglich fiktiv, d.h. ohne Vorlage einer konkreten Reparaturkostenrechnung reguliert worden ist. Dabei kommt es nicht auf die Person des Halters am, sondern auf das Fahrzeug an sich, um ermitteln zu können, ob dieses bereits einmal einem vergleichbaren Schaden zuvor erlitten hat. Ein schutzwürdiges Interesse des betroffenen Fahrzeughalters vermag das Gericht indessen nicht zu erkennen. Denn es fehlt an den hierfür erforderlichen konkreten Anhaltspunkten, die Grund zur Annahme dafür liefern, dass die Speicherung der Daten den Rechtskreis der betroffenen Person, hier des Klägers, beeinträchtigen könnte (vgl. Gela/Schomerus, § 29 BDSG Rn.10,12).
Bei der Ermittlung eines solchen Interesses sind sowohl die Zwecke der Speicherung als auch Inhalt und Aussagekraft der erhobenen Daten zu berücksichtigen. In Ansehung des oben geschilderten Zweckes der Speicherung ist jedenfalls der von der Beklagten mitgeteilte gespeicherte Datensatz nicht zu beanstanden. Ausweislich des unbestritten gebliebenen Ausdruckes des Datensatzes finden sich dort nur die Fahrzeugdaten sowie Meldegrund und -datum. Zwar ist auch eine Person genannt. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um den Kläger, sondern um denjenigen Versicherungsnehmer, der die Versicherungsleistung veranlasst hat, sowie um die Angabe zu der in Anspruch genommenen Versicherungssparte (hier der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung). Dies bedeutet, dass der Aussagekraft des Datensatzes keine Bedeutung im Hinblick auf die Person des Klägers zuzumessen ist. Denn Informationen in Bezug auf seine Person sind daraus nicht ablesbar. Insbesondere lässt sich nicht ablesen, wie sich der Kläger als Geschädigter des konkreten Unfalles in der Vorvergangenheit in Bezug auf Kraftfahrtversicherung aller Sparten verhalten hat. Gleiches gilt dann, wenn das Fahrzeug erneut bzw. wiederholt in diesem System registriert werden sollte.
Die Speicherung dieses Datensatzes erweist sich auch als angemessen und verhältnismäßig. Denn den dem angeschlossenen Versicherungsunternehmen wird, wie bereits ausgeführt, die Bearbeitung besonders auffälliger Schadensfälle damit erleichtert, insbesondere im Hinblick auf Fälle, in denen der Verdacht betrügerischen Verhaltens durch mehrfache Abrechnung ein- und desselben Schadens eine Rolle spielt. Steht aber ein solches Verhalten eines Anspruchstellers zur Debatte kann er nicht für sich datenschutzrechtliche Bestimmungen reklamieren, weil er sich der dann selbst möglicherweise rechtswidrig verhalten hat oder zumindest ein solcher Verdacht auszuräumen ist (im Ergebnis wie hier AG Coburg a.a.O.).
Der in der Literatur geäußerten Auffassung, mit Hilfe eines solchen Systems könne das Datenschutzrecht ausgehebelt und faktisch eine „schwarze Liste" für unerwünschte Risiken in der Versicherung geschaffen werden (so z.B. Riemer, ZRP 2009, S.111), vermag das erkennende Gericht nicht zu folgen. Denn im Falle einer Neuversicherung des Betroffenenfahrzeuges könnte selbst dann, wenn entgegen den vorgelegten Statuten ein Versicherungsunternehmen bei der Risikoprüfung den Datensatz abrufen würde, daraus kein Erkenntnis gewonnen werden, das Auswirkungen auf die Beurteilung des Risikos hätte. Denn der Fahrzeughalter ist nicht als Schadensverursacher registriert. Im konkreten Fall ist dies nämlich der Unfallgegner des Klägers. Bei der genannten Auffassung dürfte es sich deswegen um eine rein spekulative Vermutungen handeln.
Ob dies auch dann so anzunehmen ist, wenn es sich um eine Registrierung aufgrund der Inanspruchnahme der eigenen Kaskoversicherung handelt, braucht hier deswegen nicht entschieden zu werden, weil der Kläger insoweit nicht betroffen ist.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass dem Kläger nicht nur kein Löschungs-, sondern auch kein Unterlassungsanspruch zusteht. Denn für den Unterlassungsanspruch gelten materiell-rechtlich keine anderen Kriterien als für den Löschungsanspruch.
Fehlt es aber bereits an einer Anspruchsgrundlage im Datenschutzrecht, so fehlt es auch an anderen Anspruchsgrundlagen, aus denen sich der vom Kläger geltend gemachte Löschungs- und Unterlassungsanspruch ergibt. Denn die datenschutzrechtlichen Normen stellen insbesondere gegenüber deliktischen Ansprüchen die spezielleren Vorschriften dar, die die anderweitigen Normen insoweit verdrängen.
Die Entscheidung ist anfechtbar.
AG Kassel, Urteil vom 07.05.2013, 435 C 584/13